Seit ich auf meinem Haus in Wila eine Photovoltaikanlage installiert habe, beschäftigt mich immer wieder die Frage: Wie kann ich meinen überschüssigen Solarstrom sinnvoll nutzen? Die Medien und Politiker schwärmen von Zusammenschlüssen zum Eigenverbrauch (ZEV) und neuerdings auch vom virtuellen ZEV (vZEV) als Lösungen für die Energiewende. Doch meine Erfahrungen zeigen: Die Realität sieht leider ganz anders aus.
Gute Idee, scheitert aber an der Umsetzung
In der Theorie klingt alles ganz einfach: Wer mehr Solarstrom produziert, als er selbst braucht, kann ihn mit den Nachbarn teilen. So steigert man den Eigenverbrauch und entlastet das Netz. Doch kaum versucht man das als Privatperson umzusetzen, stösst man auf eine Mauer aus Vorschriften und technischen Details.
In meinem Fall wollte ich einen ZEV oder vZEV mit meinen direkten Nachbarn bilden – und habe bei der EKZ (Elektrizitätswerke des Kantons Zürich) nachgefragt, ob das möglich ist. Das Resultat war ernüchternd: Ich könne technisch gesehen nur einen einzigen Nachbarn mit Solarstrom versorgen. Und ausgerechnet dieser Nachbar hat selbst eine PV-Anlage. Für die übrigen Nachbarn kommt kein Zusammenschluss infrage, weil unsere Häuser nicht am selben Netzverknüpfungspunkt hängen. Das wurde mir in mehreren Mails von der EKZ bestätigt.

Die Tücken des Netzanschlusspunktes
Ein Detail aus der Antwort der EKZ hat mich besonders beschäftigt. Es wurde betont, dass Gassackerstrasse 9 und Kesselrietstrasse 1 eben nicht über den gleichen Netzverknüpfungspunkt angeschlossen sind – obwohl, wie ich selbst bemerkte, alle Leitungen eigentlich im gleichen Verteilkasten (VK6) zusammenlaufen. Für mich als Laien ist das kaum nachvollziehbar: Die Häuser stehen nebeneinander, der Strom läuft durch denselben Verteilerkasten – und trotzdem ist laut EKZ der „offizielle“ Verknüpfungspunkt jeweils eine separate Muffe für jede Parzelle. Daher gibt es laut geltender Auslegung kein gemeinsames Netzsegment und somit keine Möglichkeit für einen vZEV.
Diese Kleinlichkeit sorgt dafür, dass ich meinen sauber erzeugten Strom nicht an die Nachbarn weitergeben darf, obwohl physisch die Infrastruktur längst vorhanden wäre. Besonders ärgerlich ist das, weil die EKZ auch auf Nachfrage stur bleibt und auf die streng formale Definition des Verknüpfungspunkts verweist. Die Regeln wurden in der Vergangenheit offenbar so gemacht, dass der Netzbetreiber möglichst wenig Aufwand hat – aber der Gemeinschaftsgedanke bleibt komplett auf der Strecke.
Das Dilemma: Gesetz bremst sinnvolle Lösungen aus
Der aktuelle rechtliche Rahmen verhindert in der Praxis, dass lokale Solarstromnutzung breit umgesetzt wird. Ein ZEV ist nach wie vor nur dann möglich, wenn alle Beteiligten am gleichen Hausanschluss hängen. Auch die neue Möglichkeit des vZEV hilft wenig, wenn die Netzbetreiber weiterhin die enge Auslegung beibehalten und immer noch verlangen, dass alle am gleichen „Muffenpunkt“ angeschlossen sind. Für Einfamilienhausquartiere, in denen jedes Haus seinen eigenen Anschluss hat, ist das ein faktisches Verbot.
Das Resultat: Mein Solarstrom fliesst weiterhin für einen immer kleiner werdenden Betrag ins Netz, während wenige Meter weiter Nachbarn teuren Strom beziehen müssen. Diese Regelung ist aus meiner Sicht weder zeitgemäss noch fördert sie die Energiewende. Es fehlt schlicht der Wille, bestehende Strukturen zu öffnen und Nachbarschaften zu unterstützen, die lokal und gemeinschaftlich Strom nutzen wollen.
Fazit: Es braucht dringend mehr Pragmatismus
Nach meinem Austausch mit der EKZ und aufgrund meiner eigenen Erfahrungen ziehe ich ein klares Fazit: Solange die Netzbetreiber und der Gesetzgeber so stur an veralteten Definitionen und technischen Haarspaltereien festhalten, wird die Energiewende in der Nachbarschaft blockiert.
Es wäre höchste Zeit, dass der Gesetzgeber die Regeln so anpasst, dass lokal erzeugter Strom tatsächlich vor Ort genutzt werden kann – auch wenn dazu das öffentliche Netz als „Transportweg“ herangezogen wird. Die technischen Voraussetzungen sind meist längst vorhanden. Was fehlt, ist der Wille, das System auch für die Menschen vor Ort zu öffnen.
Wer lokal Strom produziert, sollte ihn auch lokal mit anderen teilen können – alles andere ist schlicht absurd. Für mich bleibt: So macht das Ganze wenig Sinn. Ich hoffe, dass Politik und Netzbetreiber den Mut finden, die Spielregeln zugunsten einer echten Energiewende zu ändern.